Die Luft in den Bergen duftet nach wildem Salbei, nach Fenchel und Rosmarin. Überall konkurrieren pinkfarbene Bougainvillea-Blüten mit dem Türkis des Meeres. Kreta ist eine Insel für die Sinne! Die kommen besonders dann zum Einsatz, wenn man abends bei Sonnenuntergang vor einer der Tavernen am Hafenbecken des Städtchens Agios Nikolaos Platz nimmt -vor sich vielleicht ein Glas Retsina, einen Brotsalat mit hiesigem Olivenöl, danach fangfrischer Fisch und zum Dessert Loukoumades, das sind süße Hefeteigkugeln. Einfach himmlisch!
Kein Wunder, dass auf Kreta die Wiege der griechischen Mythologie steht: Göttervater Zeus soll in der Tropfsteinhöhle Dikton Ándron, die man noch heute besichtigen kann, das Licht der Welt erblickt haben. Im labyrinthartig angelegten Palast von Knossos wurde angeblich der sagenhafte Minotaurus eingesperrt. Und Kreta war auch der Startpunkt für den Höhenflug von Ikarus, der tödlich endete, weil das Wachs an seinen selbstgebastelteten Flügeln in der Sonne schmolz. Im Hafenort Agia Galini steht eine Skulptur von Ikarus und seinem Vater Dädalus, der überlebte, weil er nicht so hoch hinaus wollte wie sein Sohn.
Auch einige Absätze von Prinzessin Dianas (1961-1997) Schicksalsgeschichte wurden auf Kreta - oder besser: auf dem Wasser vor der größten griechischen Insel - geschrieben. Mit Ehemann Charles, 72, dümpelte sie 1981 auf der königlichen Yacht "Britannia" während ihrer Hochzeitsreise in der Bucht von Bálos, die berühmt ist für ihren schneeweißen Sand und das karibisch anmutende Wasser. Wesentlich romantischer wird wohl der Kreta-Trip mit ihrem späteren Partner Dodi Al-Fayed (1955-1997) gewesen sein. Mit ihm cruiste sie zum südlich vorgelagerten Inselchen Gavdos. Das Paar schwamm an einem einsamen Mini-Strand mit hohen Klippen, der später nach der Prinzessin benannt wurde. Wer den "Diana Beach" besuchen will, kann das nur per Boot tun - und anlegen wie einst Odysseus. Die Nymphe Kalypso soll ihn auf Gavdos festgehalten haben. Der Sagenheld ließ sich bezaubern. Kreta hat heute auf seine Besucher eine ähnliche Wirkung: Da sind nicht nur märchenhafte Strände wie Falassarna, Elafonisi oder Preveli, wo ein von Palmen gesäumter Gebirgsfluss direkt aufs Meer trifft ,sondern auch Städte wie Réthimnon oder Chaniá, mit verwinkelten Gassen, in denen jede Menge Cafés, Restaurants und Boutiquen darauf warten, entdeckt zu werden. Ein Geheimtipp für alle, die an heißen Tagen einen kühleren Zufluchtsort suchen: das Bergdorf Argiroupolis, 23 Kilometer südwestlich von Réthimnon. Wasserfälle erfrischen die Luft, gleich nebenan kann man es sich auf den Terrassen einiger Tavernen bequem machen. Das Bergdorf Spili ist etwas für Pflanzenliebhaber: Der Kräutergarten "Miraval" lädt zu ausgedehnten Spaziergängen zwischen Zitronen-und Feigenbäumen ein, zur Erfrischung gibt's Rosenlimonade und als Souvenirs Lavendelseife oder Jasmin-Lotion.
Eines steht fest: Kreta ist zum Niederknien schön! Apropos: Auf der Insel stehen viele historische Gotteshäuser, die einen Besuch wert sind, so wie das Kloster Gouverneto, von dem aus ein Wanderweg vorbei an Felsenkirchen zum Meer führt. Aber zu viel sollte man sich nicht vornehmen, sondern auch mal in Ruhe genießen. Denn neben "Kaliméra"(Guten Morgen/Guten Tag) ist hier vor allem eine Vokabel von großer Bedeutung: "sigá, sigá" - langsam, langsam.