Die Kulturhauptstadt 2018 Valletta bezaubert mit ihrer Architektur und ihrem Flair
Am Ende der kleinen, verschlungenen Straße, ein Stück entfernt von der Kleinstadt Żurrieq im Südosten von Malta: Das Gelände da vorn ist umzäunt, rote Flaggen wehen und warnen, denn dies ist, wenn man so will, eine Feuerwerksfabrik für Freizeitzündler – für 40 Männer aus dem Musikverein der Stadt, die in ihrer Freizeit nicht nur singen, sondern auch entschlossen mit Sprengstoff hantieren. Freilich nicht zugleich. In einer einfachen Hütte, deren Dach aus naheliegenden Gründen leicht wegfliegen können muss, steht der 59-jährige Rentner Charlie Seisun und füllt mit Messlöffel und Trichter Farben und Pulver in Sprengkörper. In 55 Jahren ist ihm sein Hobby dreimal um die Ohren geflogen, wie Narben an den Beinen und am Bauch bezeugen. Aber das ist für ihn kein Grund, die Kartusche an den Nagel zu hängen. Und schon gar nicht dieses Jahr. Denn die Männer haben die Raketen gebaut, sie sowohl zur Eröffnung der Kulturhauptstadt 2018 im Januar als auch zu Regatta und Hafenfest der Kulturhauptstadt im Juni ganz offiziell steigen ließen.
Die Kulturhauptstadt Valletta ist, wie eigentlich alles auf Malta, nur wenige Kilometer von der Feuerwerksfabrik entfernt. Valletta ist Inselhauptstadt und die kleinste Hauptstadt der EU. Hier leben nur knapp 6.000 Menschen. Die Bauwerke entstammen praktisch komplett dem 16. Jahrhundert, ganz Valletta gehört seit 1980 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Stadt ist klein und doch sehr urban. Und noch recht britisch, wie der Linksverkehr, die Landessprache Englisch – neben Maltesisch –, der eine oder andere Pub und auch die gebackenen Bohnen in Tomatensauce auf dem Frühstückstisch beweisen. Mit Leeuwarden in den Niederlanden ist Valletta 2018 Kulturhauptstadt, und nicht nur die Stadt, sondern ganz Malta erwartet einen Besucherzuwachs im kommenden Jahr.
Das war ein langer Weg: Vor einem halben Jahrhundert kamen allenfalls die Bräute oder Eltern englischer Soldaten in den Ferien her. Dann kamen die Sprachschüler, angelockt von der ebenso reizvollen wie seltenen Kombination, Englisch in sonnigem Klima zu lernen. Erst in den letzten Jahren ging die jährliche Besucherzahl hoch auf zwei Millionen, die sich zum Teil für die Strände begeistern und zum Teil für Kultur. Manche Fachleute sehen die kleine Insel Malta mit dieser großen Zahl an Gästen am Rande ihrer überschaubaren Möglichkeiten angelangt, langfristig soll der Weg daher heißen: mehr Qualität. Mehr Suiten, mehr Luxus, mehr Butler.
Rund 400 Veranstaltungen sind für das Jahr geplant „Wir brauchen die Kulturhauptstadt, damit die kulturelle Infrastruktur einen Schub kriegt“, sagt Catherine Tabone in ihrem Büro. Sie ist die Geschäftsführerin der Valletta-2018-Stiftung. Diese bereitet das Jahr vor, das in der Szene nur noch „V18“ heißt: 400 Veranstaltungen füllen das Programm, 1.000 Künstler: „Plus all das, was Vereine und Initiativen auf die Beine stellen“, ergänzt Tabone. Eine Schiffsparade ist im offiziellen Programm dabei, zeitgenössische Oper und moderne bildende Kunst, ein Schwerpunkt liegt bei Design. Auch historische Reminiszenzen von beeindruckender Spannweite gibt es: An den Schiffbruch des Heiligen Paulus im Jahr 60 wird ebenso erinnert wie an die türkische Belagerung von 1565, die deutsche Blockade bis 1943 und den Abzug der Briten 1979. Tabone kündigt auch an, kulturferne Menschen und benachteiligte Stadtteile einzubinden. Wie es an der Tür zu ihrem Büro steht: „Art can save you (probably)“ – „Kunst kann dich retten (wahrscheinlich).“
Was gibt‘s noch zu entdecken? Der imposante Großmeisterpalast gehört zu einer Besichtigungstour der Stadt ebenso dazu wie die Kathedrale St. John’s. Und auch die Casa Rocca Piccola, ein mehr als 400 Jahre altes privates Wohnhaus, wird schon seit Jahrzehnten gerne besucht. Valletta hat auch moderne Architektur zu bieten Mit Blick auf das Kulturhauptstadtjahr muss Valletta sich nicht allein auf alte Schätze verlassen. Der Stararchitekt Renzo Piano hat das alte City Gate durch zwei kühle Betonquader ersetzt. Auch das neue Parlamentsgebäude geht auf einen Entwurf des Italieners zurück. Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Oper hat er in ein Freilichttheater verwandelt.
Zurück nach Żurrieq, zu den Männern des Musik- und Explosionsvereins Santa Katarina. Die Raketen für ihr Dorffest im September bauen sie nämlich auch schon. Den Bedarf kann man gar nicht überschätzen, denn eine Woche vor dem Fest wird die Heilige Katarina schon durch den Ort getragen, mittags, und dazu knallt es bereits. Zu Ehren der Heiligen natürlich; aber im feierfreudigen Malta zeigt der Lärm auch den Nachbardörfern an, wo die nächste Fete steigt.
Haben wir deine Reiselust geweckt? Aktuelle Angebote zum besten Preis findest du auf www.globista.de!
Was gibt‘s noch zu entdecken? Der imposante Großmeisterpalast gehört zu einer Besichtigungstour der Stadt ebenso dazu wie die Kathedrale St. John’s. Und auch die Casa Rocca Piccola, ein mehr als 400 Jahre altes privates Wohnhaus, wird schon seit Jahrzehnten gerne besucht. Valletta hat auch moderne Architektur zu bieten Mit Blick auf das Kulturhauptstadtjahr muss Valletta sich nicht allein auf alte Schätze verlassen. Der Stararchitekt Renzo Piano hat das alte City Gate durch zwei kühle Betonquader ersetzt. Auch das neue Parlamentsgebäude geht auf einen Entwurf des Italieners zurück. Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Oper hat er in ein Freilichttheater verwandelt.
Zurück nach Żurrieq, zu den Männern des Musik- und Explosionsvereins Santa Katarina. Die Raketen für ihr Dorffest im September bauen sie nämlich auch schon. Den Bedarf kann man gar nicht überschätzen, denn eine Woche vor dem Fest wird die Heilige Katarina schon durch den Ort getragen, mittags, und dazu knallt es bereits. Zu Ehren der Heiligen natürlich; aber im feierfreudigen Malta zeigt der Lärm auch den Nachbardörfern an, wo die nächste Fete steigt.
Hubert Wolf
Der GLOBISTA-Autor Hubert Wolf musste Mitte 40 werden, bis er einsah, dass die Welt zu groß ist, um überall mal gewesen zu sein. Er findet das sehr schade und – unter uns – wird auch besser nicht darauf angesprochen.
©Foto: Stefan Arend/FUNKE Foto Services